Edward Krasinski
Edward Krasiński wurde 1925 in Luzk, Polen (heute Ukraine), geboren. Von 1940 bis 1942 studierte er Innenarchitektur und Grafikdesign an der Krakauer Kunstgewerbeschule und von 1945 bis 1948 Malerei an der dortigen Akademie der Bildenden Künste bei Władysław Jarocki, Wojciech Weiss und Józef Mehoffer. Während der deutschen Besatzung lernte er Kunsttheoretiker und Künstler der späteren so genannten Zweiten Krakauer Gruppe kennen (darunter Tadeusz Kantor, Jerzy Nowosielski und Tadeusz Brzozowski). Im Jahr 1954 zog Krasiński nach Warschau und gründete 1966 zusammen mit anderen Künstlern, darunter Tadeusz Kantor und Henryk Stażewski, die Galerie Foksal, die damals zum wichtigsten Ort für zeitgenössische Kunst in Warschau wurde. Ab 1970 lebte er im Atelier von Henry Stażewski, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband. 1970 nahm Krasiński an der 10. Biennale von Tokio und 1978 an der 43. Biennale di Venezia in Venedig, Italien, teil. Auf zahlreiche Galerieausstellungen in Polen folgten Retrospektiven, 1996 in der Kunsthalle in Basel und 1997 in der Nationalen Kunstgalerie in Zachęta. 1998 erhielt der Künstler den Lifetime Achievement Award der polnischen Sektion der Internationalen Vereinigung der Kunstkritiker (AICA). Im Jahr 2006 präsentierte die Generali Foundation, Wien, die Ausstellung "Edward Krasiński. Les mises en scène" und den Künstler zum ersten Mal in einer Einzelausstellung in Österreich. 2016-2017 wurde Edward Krasiński von der Tate Gallery, Liverpool, und dem Stedelijk Museum, Rotterdam, Niederlande, mit einer großen Ausstellung geehrt. Edward Krasiński lebte und arbeitete in Warschau, wo er im Jahr 2004 starb.
Beeinflusst von den Avantgardebewegungen des frühen 20. Jahrhunderts und dem polnischen Konstruktivismus, experimentierte Krasiński mit dem Zufall als angewandtem Faktor in Verbindung mit seinem Sinn für Humor. In den 1960er Jahren stellte er Objekte aus gefundenen Gegenständen zusammen und entwickelte im Laufe der Jahre große Rauminstallationen, die er manchmal mit Fotografien ergänzte. Krasiński nahm an frühen Happenings von Tadeusz Kantor teil: 1965 an "Cricotage" und 1967 am "Panorama Meer Happening", bei dem er im Frack auf einer Leiter mitten im Meer mit dem Rücken zum Strand stand und die Wellen und Wogen in einer großen Geste stumm dirigierte. 1968 führte er ein einfaches, industrielles Kunststoffmaterial in sein Werk ein: ein blaues Klebeband, das zu seinem Markenzeichen wurde. Das Klebeband befestigte er einer fixen Höhe von 130 cm, gemessen vom Boden, auf Gegenstände, Objekte, Wände (sogar Menschen) und verband so Situationen und ganze Räume zu einer situativen Einheit. 1970 nahm Krasiński an der 10. Biennale in Tokio, Japan, teil. Als seine Werke nicht rechtzeitig zur Eröffnung eintrafen, schickte er ein 80 Meter langes Fernschreiben an die Organisatoren, in dem das Wort BLAU fünftausendmal geschrieben war. Dieses Telex wurde anstelle seiner Werke ausgestellt. Als diese einen Monat nach der Eröffnung in Tokio eintrafen, wurde das Telex auf Anweisung des Künstlers in eine Glasvitrine gelegt und dem Museum geschenkt. Über den künstlerischen Zweck des blauen Bandes ist viel spekuliert worden. Meist wird es als räumliche Abgrenzung von Krasińskis künstlerischem Denkfeld oder als Visualisierung der linearen Zeit interpretiert. Der Künstler selbst sah es als dadaistische Geste. Er verstand sich nicht als Konzeptkünstler. Krasiński griff Kunstströmungen der Vorkriegszeit auf und entwickelte hinter dem "Eisernen Vorhang" zeitlich parallel zur Minimal Art und der Konzeptkunst der 1960er und 70er Jahre ein eigenständiges Werk, in dem es ihm gelang, konstruktivistische Elemente mit dadaistischem Humor zu verbinden.
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