Primapara, Manicure/Pedicure Series
Mary Kelly
Primapara, Manicure/Pedicure Series, 1974/1996
10 schwarz-weiß-Fotografienn Silbergelatine auf Barytpapier (Abzüge 1996) à 12,7 x 18 cm, gerahmt à 22 x 26,7 cm Auflage 2/3
GF0001976.00.0-1998
Werktext
Im Zusammenhang mit der Entstehungsgeschichte von Post-Partum Dokument nehmen die beiden Serien von kleinformatigen Fotografien Primapara, Badeserie und Primapara, Maniküre/Pediküre Serie aus dem Jahr 1974 eine herausragende Stellung ein. Wie Rozsika Parkers Rezension der Ausstellung Exhibition at the Arts Meeting Place des Women’s Workshops der Artists Union zu entnehmen ist1, war der ursprüngliche Titel des umfassenden Projektes Mary Kellys, in dem sie Schwangerschaft, Geburt und Kinderpflege dokumentiert, Primapara, also die medizinische Bezeichnung für Erstgebärende: “Primapara ist der Versuch, die ersten Erfahrungen von Schwangerschaft, Geburt und Kinderbetreuung aufzuzeichnen. Teile der Post-Partum Serie dokumentiert einzelne Aufgaben der Kinderbetreuung, dies sowohl mit körperlichen Ausscheidungen, schriftlich als auch fotografisch”, wird die Künstlerin in dem erwähnten Artikel zitiert. Die Ausstellung und die Rezension in Spare Rib aus dem Jahre 1974 geben uns also auch direkten Einblick in den Prozess der Entwicklung eines so umfangreichen Projektes wie des Post-Partum Dokuments, wobei durch die Titeländerung dem Gesamtprojekt ein anderer zeitlicher Rahmen gegeben – nämlich nur die Periode nach der Geburt, und die mediale Vielfalt eingeschränkt wurde. Das Herausfallen von fotografischer Dokumentation aus Kellys mehrjährigen Projekt PPD reflektiert Kellys künstlerischen Entwicklungsgang, in dem sie die Möglichkeiten fotografischer Dokumentation kritisch hinterfragt und letztendlich für PPD eliminiert hat. Erst das wiedererwachte Interesse an Post-Partum Dokument hat auch die umfassendere Arbeit Mary Kellys an Fragen von Schwangerschaft, Geburt und Kinderpflege wieder zutage gefördert und führte schließlich 1996 zur Herausgabe einer Edition der beiden Serien. Die ursprünglichen Vintage Prints befinden sich im Archiv der Künstlerin. Erst die Ausstellung in der Generali Foundation im Jahr 1998 hat einen weiteren Teil dieser Untersuchung, einen Super-8-Film zum Thema Schwangerschaft, Antepartum zugänglich gemacht. In den beiden Serien kleinformatiger S/W-Fotografien, wird der Blick- und Körperkontakt zwischen Mutter und Kleinkind eingefangen und damit die komplexe Beziehung von Mutter und Kind widergespiegelt. Durch die Wiedergabe in einem kleinkindlichen, nahsichtigen Blickschema nimmt die Künstlerin den Blickwinkel des Kindes zur Mutter ein. Auf diese Weise wird die noch ungetrennte Einheit von Mutter und Kind in den ersten Lebensmonaten reflektiert. Das in den Bildwerken angelegte Oszillieren zwischen Intimität und Aggressivität (Nagelknipser) führt eine spannungsreiche Qualität ein, die jenseits der üblichen Repräsentationsschemata von Kleinkindfotografie liegt. (Hemma Schmutz) 1 Rozsika Parker, “Exhibition at the Arts Meeting Place”, in: Spare Rib, 1974, Nr. 29, S. 37-40. wiederabgedruckt | reproduced in: Rozsika Parker und | and Griselda Pollock: Framing Feminism. Art and the Women’s Movement 1970-1985, Pandora Press, Routledge & Kegan Paul, London 1987. S. | pp. 158-62.