Heimo Zobernig
Heimo Zobernig wurde 1958 in Mauthen, Kärnten, Österreich, geboren. Von 1977 bis 1980 studierte er an der Akademie der bildenden Künste, Wien, und von 1980 bis 1983 an der Universität (früher Hochschule) für angewandte Kunst, Wien. Nach einer Gastprofessur an der Hochschule für bildende Kunst, Leipzig (1994-95) und einer Professur an der Städelschule Frankfurt a. M. (1999-2000) in Deutschland, war er von 2000 bis 2021 Professor für Bildhauerei an der Akademie der bildenden Künste, Wien.
Heimo Zobernig ist einer der international bekanntesten und erfolgreichsten zeitgenössischen Künstler Österreichs. Seit den späten 1970er Jahren hat der Künstler national und international an zahlreichen Gruppen- und Großveranstaltungen teilgenommen. International renommierte Kunst- und Kulturinstitutionen widmeten ihm Einzelausstellungen, darunter das Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien (mumok), eine "mid-career-survey" im Jahr 2002, die von der Kunsthalle Basel, Schweiz, und dem K21 in Düsseldorf, Deutschland, übernommen wurde. http://www.heimozobernig.com/bio.htm
Der Künstler nahm zweimal an der Documenta teil, 1992 (IX) und 1997 (X). Im Jahr 2015 vertrat er Österreich auf der 56. Biennale di Venezia, Venedig, Italien.
Die Sammlung Generali Foundation - Dauerleihgabe am Museum der Moderne Salzburg - besitzt einen repräsentativen Block seines Werks.
1993 erhielt Zobernig den Otto-Mauer-Preis, 1997 den Preis für bildende Kunst der Stadt Wien. Im Jahr 2009 wurde er mit dem Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien ausgezeichnet. 2010 erhielt er den Österreichischen Friedrich Kiesler-Preis für Architektur und Kunst und 2016 den Roswitha Haftmann-Preis. Heimo Zobernig lebt und arbeitet in Wien.
Zobernig begann in den späten 1970er Jahren als Bühnenbildner und trat in Performances auf. Mitte der 1980er Jahre malte er abstrakt und untersuchte geometrische Mechanismen hinsichtlich ihrer Interpretation. Die Auseinandersetzung mit Farben und überlieferten Systemen führte ihn zur Entwicklung einer eigenen Farbenlehre. Zobernig setzt sich kritisch mit tradierten Regelsystemen auseinander, insbesondere mit den Rahmenbedingungen von Kunst. In Anlehnung an die Minimal Art der 1960er Jahre zeigen seine Werke eine klare, reduzierte Formensprache, wobei er ihren typischen Perfektionismus gezielt unterwandert. Er bevorzugt Industriematerialien, wie Pressspan und Farben von handelsüblicher Baumarktqualität in unsentimentaler, ästhetisch unprätentiöser Ökonomie. Viele seiner Skulpturen evozieren deren Benutzung.
Heimo Zobernig verbindet mit der Generali Foundation eine Reihe von Projekten. In einer Ausstellung im ehemaligen Büro- und Ausstellungsraum 1991 konfrontierte er die BesucherInnen mit Skulpturen in Form von Stehtischen, jede Platte in einer anderen Farbe bemalt. Das grüne Netz an der Fassade des im Bau befindlichen neuen Ausstellungshauses bemalte er von Hand mit dem Logo der Generali Foundation, wobei er dieses regelwidrig, invers und den Ausmaßen der Fassade entsprechend wiedergab. Anlässlich der Eröffnung des neuen Hauses gestaltete er ein Plakat, auf dem er wiederum das Logo raumfüllend platzierte, dieses Mal so, dass die einzelnen Vierfarbendrucke nicht übereinstimmten. Für das Lokal im ehemaligen Hutgeschäft Habig gestaltete er Tische mit Spiegeln.
Zu den Videos
In seinen Videos holt Zobernig die Realität selbst ins Bild. Orte, die das Video erschafft, interpretiert er als künstlerische Ordnungssysteme. Regie wird durch statische, einfache Anordnungen, sich stereotyp wiederholen-de Handlungen, reduzierte Kameraschwenks und die überwiegende Einheit von Zeit und Ort auf ein Minimum herabgesetzt. Zobernig beginnt Anfang der achtziger Jahre autobiografisch mit Filmportraits seiner Eltern, Rosa und Viktor. 1981 filmt er seine Mutter statisch im Sitzen, während sie nach seinen Vorgaben gestikuliert und laut ausgewählte Satzfragmente spricht. Die Differenz der inhaltlichen Sphäre der Sprachform zur Darstellung wird auch in den Videos 38 (1992) und eS SCH EIS es (1993) offen gelegt, in denen jeweils musikalische Anspielun-gen auf Bach erfolgen, der eine Fuge aus den Buchstaben seines Namens schrieb. Der Kontakt zur alltäglichen Erfahrung wird bei Zobernig oft im einzig vorgefassten Standpunkt der Kamera als Wahrheit präsentiert: Seinen Vater zeigt er unterwegs in der Natur, Autobiografisches erzählend. Der 1995 geborene Sohn Viktor wird schrei-end gefilmt. 1981 entsteht de nada. Es gilt als das erste Video, das der Künstler gelten ließ. Die Kamera ist aus einem Fenster in Teneriffa gerichtet, hinterfragt den klassischen Bildausschnitt, den die Fensteröffnung als Bild der Welt vorgibt, und wird von Schwenks zu genrehaften Szenen im Hausinneren unterbrochen. Videos von Mu-sikperformances in Wien Anfang der neunziger Jahre wirken dagegen dokumentarisch. Dennoch erweist sich jede szenische Äußerung als Kommunikation mit dem Betrachter im Hinblick auf künstlerische Autorschaft und inhaltliche Bewertung ambivalent vorgeführt. Mit Sonnenbrille und blonder Langhaarperücke (Videos 1-4, 1989), verkleidet oder nackt (Video Nr. 12, 1996) spielt er das Spannungsfeld zwischen Verdecken und schonungslos Offenlegen am eigenen Körper durch. Mit Hilfe der Technik des Keying (auch ”Blue- Box-Technik”) werden zu-sätzliche Ebenen aus- und eingeblendet. In jedem Fall inszeniert Zobernig den Blick durch die elementare Prä-senz des Gezeigten zugunsten einer Verdichtung. Gleichrangig in seinem künstlerischen Schaffen zeigen sich die visuell wahrnehmbaren Eigenschaften des bewegten Bildes als Idee einer an das Auge adressierten Kunst reflektiert, wobei sich die Botschaft möglicher Inhalte auf dem Prüfstand befindet. Zobernig vermittelt auch in seinen Videos keine dahinter liegende Wahrheit, sondern maskiert jenseits von Symbolismus Konstruktionen, mit denen er spielt. Insofern bekräftigen die Videowerke sein Bekenntnis gegen die Konventionen der visuellen Sprachlichkeit von Kunst. (Doris Leutgeb)