Stephen Willats
Stephen Willats wurde 1943 in London geboren. Von 1962 bis 1963 absolvierte er den Grundkurs an der Ealing School of Art, der von Roy Ascott, dem Pionier der Kybernetik, geleitet wurde. Von 1965 bis heute ist er Redakteur und Herausgeber des Control Magazine.
Von 1972 bis 1973 war er Direktor des Centre for Behavioural Art in London, einer interdisziplinären Forschungs- und Diskussionsplattform, die er 1972/73 im Gallery House in London gründete.
In den Jahren 1979-80 erhielt er ein D.A.A.D.-Stipendium in West-Berlin, Deutschland. Im Jahr 1990 leitete er das Symposium "Art Creating Society" im Museum of Modern Art, Oxford, UK. 1991 wurde das "Stephen Willats - Printed Archive" im Victoria and Albert Museum eingerichtet. Im Jahr 2003 leitete er das Seminar "Art Intervention" - Control Magazine bei Vilma Gold, London, und 2006 das Seminar und die Performance "Multiple Clothing" in der Tate Modern, London. Im Jahr 2011 präsentierte die Tate Modern, London, Filme des Künstlers.
Willats hat an zahlreichen großen internationalen Ausstellungen und Gruppenausstellungen teilgenommen, unter anderem 1982 an der Biennale di Venezia. Italien. Seit den 1970er Jahren widmeten renommierte Institutionen dem Künstler internationale Einzelausstellungen, darunter das Museum of Modern Art, Oxford, 1978; die Whitechapel Art Gallery, London, 1979; das Stedelijk van Abbemuseum, Eindhoven, Niederlande, 1980; die Tate Gallery, London, 1982; das Museum van Hedendaagse Kunst, 1986-87, Gent, Belgien, 1991 das Victoria & Albert Museum in London, 1994 und 2018 die Tate Gallery, Liverpool, 2006 das Museum für Gegenwartskunst Siegen, Deutschland, 2008 das Westfälische Landesmuseum, Münster, Deutschland, 2010 der Badische Kunstverein, Karlsruhe, Deutschland, 2019 das Migros Museum für Gegenwartskunst, Zürich, Schweiz. Die bisher größte Retrospektive von Stephen Willats wurde 2007 im Museum für Gegenwartskunst Siegen gezeigt. Stephen Willats lebt und arbeitet in London.
Stephen Willats ist als Gesellschafts-, Kommunikations- und Stadtforscher bekannt geworden und gilt als einer der Pioniere der konzeptuellen Kunst in Großbritannien. Seit 1965 gibt er das Control Magazine im Eigenverlag heraus, das künstlerischen Positionen als Forum dient, die sich mit zeitgenössischen gesellschaftlichen Entwicklungen auseinandersetzen. Gleichzeitig ermöglicht es diesen, sich mit anderen Disziplinen, wie zum Beispiel den Sozial- oder Computerwissenschaften zu verknüpfen. Seine kritische Haltung gegenüber den Beschränkungen der Kunstinstitutionen – insbesondere ihrer mitunter einseitigen Kommunikationsstruktur – führte ihn zur Entwicklung partizipatorischer Projekte, bei denen die Beteiligten motiviert werden, sich aktiv mit ihrer eigenen Lebenssituation, ihrer Wahrnehmung, ihren Verhaltensmustern, Wünschen und Frustrationen auseinanderzusetzen. Dabei arbeitet er bewusst mit unterschiedlichen sozialen Gruppen, wie in „Man from the Twenty First Century“ (1969-1970) und „West London Social Resource Project“ (1972-1973). Das Interesse des Künstlers gilt in vielen seiner Werke der Relation zwischen Bewohner_innen und architektonischem Kontext, und hier vorrangig modernistischen Hochhaussiedlungen – zum Beispiel in Westberlin (u.a. „Wie ich entdecke, dass wir von anderen abhängig sind“, 1979-1980). Häufig verwendet Willats Interviews und Fragebögen und befragt die Bewohner_innen ganzer Wohnviertel zu ihrem Lebensumfeld. Die Ergebnisse dieser analytischen Arbeit stellt er oftmals in Form diagrammatischer Schautafeln dar, die auf den theoretischen Hintergrund seines Werks verweisen, das seine Verankerung in kommunikations- und systemtheoretischen Fragestellungen findet. Hinsichtlich der Abgrenzung seiner Arbeitsweise gegenüber soziologischen Studien, betont Willats, dass seine Werke nicht darauf abzielen Daten in Bezug auf ein vorformuliertes Forschungsziel zu sammeln, sondern darauf, dass die Beteiligten Einsichten über sich selbst gewinnen können.
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