Morgan Fisher
The Frame and Beyond
Kurator:innen: Sabine Folie und Ilse Lafer
Realisiert in Kooperation mit dem Museum Abteiberg, Mönchengladbach
Morgan Fisher (*1942 in Washington, DC) studierte zunächst von 1960 bis 1964 Kunstgeschichte in Harvard, besuchte dann die Filmakademie in Los Angeles und wechselte schließlich zum Film. Er arbeitete danach mehrere Jahre in Hollywood, vor allem als Cutter, eine Erfahrung, die seine Experimentalfilme mitprägte. In den 1970er Jahren entstanden mehrere Film-Installationen, die dem Expanded Cinema zugeordnet werden können. Seit Mitte der 1990er Jahre wandte sich Fisher der monochromen Malerei und Installationen aus monochromer Malerei zu.
Fisher wurde in den frühen 1970er Jahren als Experimentalfilmer im Umfeld des Strukturalismus bekannt, dessen Hauptinteresse nicht dem darzustellenden Inhalt, sondern dem Medium selbst galt – der Funktionsweise seiner Apparaturen, seiner Bestandteile und den von der Filmindustrie auferlegten Zwängen wie Filmrolle, Format, Kader, Emulsion etc. Fishers selbstreferenzielle Reflexion des Mediums legt die unserer Wahrnehmung zugrundeliegenden Bedingungen in einer für ihn typischen, lakonisch sezierenden, betont nicht-kompositorischen Weise offen, die jeglichen Illusionismus von Erzählung aushebelt. Für das gesamte Werk Morgan Fishers sind grundlegende Fragestellungen in der Geschichte und Ästhetik der Wahrnehmung sowie ihre Einschreibung in Genres und Technologien maßgeblich. Schon in den 1970er Jahren registrierte er das sukzessive Verschwinden gewisser Technologien wie des analogen Films oder der analogen Fotografie – ein Vorgang, der bis heute intensiv diskutiert wird. Andererseits interessierten ihn die Beziehungen zwischen Farbe, Größe und Form des Bildes und dem architektonischen Umraum sowie dem Standpunkt der Betrachter:innen.
Jenseits und diesseits des Rahmens
Die Ausstellung der Generali Foundation versammelte Werke des Künstlers, die zwischen 1968 und 2011 entstanden sind und sowohl seine frühe und wegweisende Auseinandersetzung mit dem Medium Film als auch seine profunde Beschäftigung mit der Malerei deutlich machten. Minimal, Pop und die abstrakte Malerei der Moderne und Postmoderne sind Strömungen, denen Fishers Affinität galt – bei gleichzeitiger Distanz dazu. Morgan Fisher. The Frame and Beyond beleuchtete die Wendung vom Film zur Malerei in Fishers Werk. Gleichzeitig unterstrich sie die Relevanz des experimentellen Films für eine Medienkritik, die bis heute andauert, sowie den Versuch, Malerei trotz immanenter Widerstände zu revitalisieren.
In seinen Filmen thematisiert Fisher Entstehung und Beschaffenheit des filmischen Bildes, das Verhältnis von Film, Raum und Zeit und die Beziehung von Film und Ton unter Verzicht auf eine narrative Verknüpfung der Bilder zu einer Erzählung.
Trotz der nicht-linearen Struktur finden sich in Fishers Filmen autobiographische Züge, zum Beispiel in Standard Gauge, einem Film, den der Künstler im Format des Independentkinos (16mm) dreht, dabei aber Ausschussmaterial des Hollywoodkinos (35mm) verwendet und analysiert.
Die Generali Foundation zeigte vier seiner Filme, die bereits auf internationalen Filmfestivals zu sehen gewesen waren: Production Stills (1970), Picture and Sound Rushes (1973), Cue Rolls (1974) und den von Kritiker:innen gefeierten Standard Gauge (1984).
Der Ausdruck Rahmen („frame“) im Titel der Ausstellung verweist nicht nur auf den Kader des Films, sondern auch auf den Rahmen in der Malerei. Neben zahlreichen, von 1968 bis 2012 entstandenen Arbeiten auf Papier präsentierte die Ausstellung zwei zentrale Serien von Gemälden: die Italian Paintings (1999) und die New Pendant Pair Paintings / New Alien Pendant Pair Paintings (2011), bestehend aus zwölf monochromen Gemälden, die für die Ausstellung Translations im Museum Abteiberg (Mönchengladbach) entstanden waren, und die Fisher in Beziehung zu den konkreten architektonischen Räumen des Museums entworfen hatte.
Beide Werkgruppen verdeutlichten die Beschäftigung Fishers mit der monochromen Malerei, dem Rahmen, der Welt innerhalb und außerhalb dieses Rahmens, dem Verhältnis von Figur und Grund und der spezifischen Beziehung zwischen Betrachter:in und Werk.
Fishers filmisches Werk und seine postkonzeptuelle Malerei wurden u. a. im Whitney Museum of American Art, New York, der Tate Modern, London, im Neuen Aachener Kunstverein, im Portikus, Frankfurt am Main, und zuletzt im Museum Abteiberg, Mönchengladbach, gezeigt.
Publikation und Schriften Morgan Fishers
In der Reflexion zur Geschichte und den Techniken des Sehens praktiziert Morgan Fisher mitunter eine Form des Aneignens, Verwandelns, der Ironie und der Leichtigkeit. Diese Lesart von (Kunst-)Geschichte sowie autobiografische Züge sind charakteristisch für die Schriften von Morgan Fisher, die nach dem Katalog zu den Ausstellungen in Wien und Mönchengladbach – wo der erste Teil der Ausstellung mit dem Fokus auf Skulptur und installativer Malerei zu sehen war – in Wien erschienen. Fisher hat darin nicht nur jede seiner Arbeiten in einen Kosmos von Denkfiguren, autobiografischen Bezügen und historischen Referenzen gelehrsam verwoben, sondern auch über Carl Andre, Blinky Palermo u.v.a. Beiträge verfasst.