Gustav Metzger
Geschichte Geschichte
Kuratorin: Sabine Breitwieser
Assistenzkuratorin, Ausstellungsproduktion:
Cosima Rainer
In einer umfassenden Ausstellung zeigte die Generali Foundation die Bedeutung von Gustav Metzger als Künstler und Aktivist von den 1960er Jahren bis heute auf.
Gustav Metzger, der 1926 in Nürnberg, Deutschland, geboren wurde und in London lebte, war eine schillernde Figur. Als Künstler, wie auch als Initiator und politischer Aktivist hat er immer wieder wichtige Impulse gesetzt. Diese Ausstellung ermöglichte erstmals in Österreich - und in dieser umfassenden Form auch international - eine Auseinandersetzung mit seinen vielseitigen Initiativen und seinem damals großteils unbekannten Werk. Sie spannte einen Bogen von den frühen Manifesten und Lecture/Demonstrations über sein politisches Engagement, seine Kritik am Kunstbetrieb, bis hin zur Werkgruppe der Historic Photographs und den zu dieser Zeit aktuellen Arbeiten mit Zeitungen.
Ausgehend von den politischen und ökologischen Themen der Zeit, wie dem atomaren Wettrüsten und der Umweltzerstörung, entwickelte Gustav Metzger 1959 das Konzept der Autodestruktiven Kunst. In seinem ersten Manifest definierte er diese als eine "Form der öffentlichen Kunst für Industriegesellschaften", die das Zerstörungspotential des 20. Jahrhunderts thematisiert.
Im Zentrum seiner frühen Arbeiten stehen daher Transformationsprozesse: Skulpturen, die in Teile zerfallen oder erodieren, von Säure zerfressene Leinwände, Abfälle in Müllsäcken oder Autoabgase in Acrylglas-Behältern. Die von Metzger verwendeten Materialien stammten durchwegs aus dem industriellen Zusammenhang und der maschinellen Fertigung. Ihr prozessorientierter und selbstzerrstörerischer Einsatz versteht sich als Angriff auf kapitalistische Werte und den Kunstmarkt. Sichtbar werden diese Transformationen unter anderem auch bei seinen Experimenten mit Flüssigkristallen in den 1960er Jahren. Seine psychedelischen Liquid Crystals Projections, die Metzgers Begriff der Autokreativen Kunst illustrieren, führte er unter anderem bei einem Konzert der Band The Cream in London vor.
Welch wichtiges Thema Destruktion auch für andere Künstler:innen seiner Generation war, wurde durch das von Gustav Metzger initiierte Destruction in Art Symposium (DIAS) 1966 in London deutlich. Bei diesem legendären Treffen von Künstler:innen verhalf Metzger den Wiener Aktionisten zu ihrem ersten internationalen Auftritt. Darüber hinaus beeinflusste er auch das Vokabular der Popkultur: Pete Townshend, der berüchtigte „Gitarrenzertrümmerer“ der Rockband The Who, bezeichnet ihn als seinen "Lehrer".
Bereits in den 1970er Jahren beschäftigte sich Gustav Metzger mit den Problemen der Umweltverschmutzung und der fortschreitenden Entwicklung der Computertechnologie. 1974 verweigerte er seine Teilnahme an der Ausstellung Art into Society – Society into Art und rief stattdessen im Ausstellungskatalog zu einem dreijährigen „Kunststreik“ auf. 1981 organisierte er, gemeinsam mit Cordula Frowein und Klaus Staeck, eine Gegenausstellung zur Schau Westkunst in Köln und protestierte gegen das dort propagierte Verständnis zeitgenössischer Kunst. Mit gleicher Intensität wie in seiner künstlerischen Arbeit engagierte sich Gustav Metzger immer auch in theoretischen Vorträgen, Symposien und politischen Foren. Auch die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus, durch den Metzger einen Großteil seiner Familie verloren hatte, nahm dabei einen wichtigen Stellenwert ein.
Von Anfang an interessierte sich Gustav Metzger für Tageszeitungen als Zeichen für Realität und deren Gestaltung sowie als Spiegel und Speicher von Geschichte. Die Frage, wie wir mit in den Medien anhand von Bildern dokumentierten humanitären Katastrophen umgehen, stellt er in seinen Historic Photographs, einer Werkgruppe, die in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre entstanden ist. Indem er die Sichtbarkeit dieser Bilder problematisiert, verdeutlicht er ihre Ambivalenz zwischen Voyeurismus, Bagatellisierung und Anteilnahme.