Anna Oppermann
Ensembles
Gastkuratorin: Ute Vorkoeper
Kuratorische Assistenz, Ausstellungsproduktion: Georgia Holz
Ein Initiativprojekt des Württembergischen Kunstvereins
Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes
Mit dieser Ausstellung präsentierte die Generali Foundation die erste umfassende Einzelausstellung der deutschen Künstlerin Anna Oppermann (1940–1993) in Österreich.
Gezeigt wurden sieben große Ensembles, die sowohl die künstlerische Entwicklung als auch die inhaltliche Vernetzung innerhalb des Werks nachvollziehbar werden ließen.
"Ensembles“ nannte die deutsche Künstlerin Anna Oppermann ihre über Jahre hinweg entwickelten raumgreifenden Installationen. Zum ersten Mal stellte sie die streng methodischen, prozessorientierten Arrangements aus Fundstücken, Zeichnungen, Fotografien, Objekten und Bildleinwänden in den frühen 1970er Jahren in Hamburg und Trier aus. Mit dieser besonderen Mischung aus Konzept-, Prozess-, Bild- und Raumkunst zog die Künstlerin rasch internationale Aufmerksamkeit auf sich. Oppermann nahm u. a. in Kassel an der documenta 6, der documenta 8, sowie an den Biennalen von Venedig (1980) und Sydney (1984) teil und wurde mit renommierten Preisen ausgezeichnet.
Das Werk von Anna Oppermann ist exemplarisch und steht zugleich einzigartig für die Kunst der 1970er Jahre. Mit ihren Installationen nahm die Künstlerin schon früh Praktiken und Themen vorweg, die lange nach ihrem Tod noch aktuell blieben.
"Die Form des Ensembles ist mein Interaktionsangebot. Einigen scheint es subjektivistisch, autistisch, monoman. Dabei wäre ich gerne Vermittler zwischen den verschiedenen Disziplinen, zwischen Ratio und sinnlicher Wahrnehmung, zwischen Kunst und Wissenschaft, Normalbürger und Außenseiter.“ (Anna Oppermann)
Oppermann begriff die Welt, die menschlichen Beziehungen als "Ensembles“, als veränderliche Konstellationen von Wahrnehmung und Reflexion, von Normen, Geschichten, Emotionen und Theorien. "Komplexität muss ja irgendwo auf der Welt noch einen Stellenwert haben“, meinte sie und beobachtete ihren privaten und gesellschaftlichen Alltag genau, suchte Objekte, Bilder oder Begriffe, in denen sie dessen Abgründe, Absurditäten und Konfliktfelder verdeutlicht sah. Diese zeichnete, fotografierte, malte, beschrieb sie, sammelte Texte und Zitate und akkumulierte alle Teile zu Ensembles. Die auf diese Weise entstandenen intermedialen Montagen fotografierte sie in variierenden Konstellationen und aus wechselnden Perspektiven. Diese Ansichten integrierte sie wiederum in neue Inszenierungen, wodurch die Werke ihren spezifischen offenen Charakter erhielten.
Die einzelnen Ensembles entwickelten sich nicht linear, sondern in verzweigten und untereinander vernetzten Episoden, wuchsen in Zeit und Raum und folgten somit keiner klaren Chronologie, die sich auch im Gesamtwerk von Anna Oppermann nicht festmachen lässt. Dementsprechend wurden in der Ausstellung sieben Ensembles interpretierend reinszeniert, die zentrale Themen und vielfältige Strategien der Künstlerin aufzeigten sowie wechselseitige Bezüge und formalen Entwicklungen der Arbeiten zwischen 1968 und 1992 dokumentierten.
Die Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Schein, Realität und Ich/Selbst kennzeichnet das gesamte künstlerische Schaffen Anna Oppermanns und ist bestimmendes Thema für das frühe "Spiegelensemble" (1968–1989) und die letzte große Arbeit "Paradoxe Intentionen" (1988–1992), die einander in der Ausstellung gegenübergestellt wurden. Ein weiteres Paar bildeten die Ensembles "Anders sein" (1970–1986) und "Künstler sein – Über die Methode" (1978–1985), die um Themen wie Aussenseiterschaft, Norm und Normverletzung, Ein- und Ausschluss kreisen. Die Arbeit mit dem programmatischen Titel "Problemlösungsauftrag an Künstler" (1978–1984) stellt Anna Oppermanns Versuch einer poetisch-ironischen Erforschung des Raumes dar. Divergenten gesellschaftlichen Raummodellen wird der Elfenbeinturms als Ort, in den sich Künstler:innen und Wissenschaftler:innen zurückziehen, gegenübergestellt. "Portrait Herr S." (1969–1989) mit seinen barocken Farben, Formen und nackten Körpern, steht für einen weiteren zentralen Themenstrang: Beziehungen zu anderen, Fremden, Freunden und zwischen den Geschlechtern. Das Ensemble "Pathosgeste – MGSMO" (1984–1992) ist ein Resultat von Oppermanns Reflexionen über die ökonomischen Aspekte des Kunstmachens und des Kunstmarktes. Darüber hinaus wurde die neunteilige Bildserie Dilemma der Vermittlung (1979) gezeigt, in der Anna Oppermann ironisch-polemisch die Probleme darstellt, mit denen sie sich bei der Präsentation und Vermittlung ihrer Arbeiten häufig konfrontiert sah.