Andrea Fraser
Ein Projekt in zwei Phasen.
Kuratorin: Sabine Breitwieser
Im April 1994 wurde Andrea Fraser beauftragt, ein Projekt mit der Generali Foundation durchzuführen. Gemäß der von Andrea Fraser erstellten "Broschüre für Unternehmen" ("Preliminary Prospectus for Corporations") wurde das Projekt als eine in zwei Phasen ablaufende Dienstleistung konzipiert, wobei die erste Phase "interpretativ" und die zweite als "Intervention" definiert ist. Die "Broschüre für Unternehmen" verweist darauf, dass Aktivitäten, die Unternehmen im Zusammenhang mit dem Aufbau von Sammlungen zeitgenössischer Kunst setzen, häufig zu einer Quelle interner Konflikte werden – eine Erfahrung, die auch an der Generali Gruppe Österreich und der Foundation nicht spurlos vorüberging.
Die Generali Foundation wurde 1988 kurz nach der Übersiedlung der Generali Gruppe Österreich in das neue Gebäude der Generaldirektion in der Landskrongasse 1-3 gegründet und sollte von Anfang an zwei miteinander verbundene Zielvorstellungen verwirklichen: Einerseits einen Transfer von bestimmten Eigenschaften in das öffentliche Image des Unternehmens, andererseits – durch die Präsentation von Kunstwerken in den Räumlichkeiten der Generaldirektion – die Ausgestaltung des Gebäudes sowie die "Konfrontation der Mitarbeiter mit zeitgenössischer Kunst". Ein Kommunikations- und Marktforschungskonzept aus dieser Zeit formuliert dies folgendermaßen: "Unternehmenskultur muss sowohl von innen (und von oben) entstehen und muss sowohl innen als auch außen auf jeder Ebene in Erscheinung treten". Als jedoch die von der Foundation erworbenen Werke im Gebäude der Generaldirektion der Generali präsentiert wurden, reagierten nicht nur große Teile der Mitarbeiter, sondern auch des Managements mit offener Gegnerschaft. Nach sieben Jahren hat die Belegschaft in der Generaldirektion die Präsenz von zeitgenössischer Kunst an ihrem Arbeitsplatz akzeptiert. Die Generali Foundation hat es für wichtig erachtet, die Bedeutung der anfänglichen Zurückweisung – ebenso wie die gegenwärtige Akzeptanz – und die Funktion, die zeitgenössische Kunst für die Generali Gruppe Österreich generell besitzt, einer näheren Untersuchung zuzuführen.
Die erste, interpretative Phase des Projektes von Andrea Fraser bestand primär aus Recherchen über die Foundation und die Generali Gruppe Österreich. Zwischen Mai 1994 und Januar 1995 hat die Künstlerin vierzehn Interviews mit einzelnen Mitgliedern des Präsidiums, des Vorstandes und des Kunstbeirates sowie mit Angestellten der Generali Foundation und Betriebsräten der Generali durchgeführt. Zusätzliches Material wurde aus den Abteilungen Kommunikation Marktforschung, Personal und Bildung, Rechnungswesen sowie Allgemeine Interne Verwaltung der Generali Gruppe Österreich bzw. dem Archiv der Foundation selbst zusammengetragen. Ende April 1995 wurde die erste Phase mit einem Bericht der Künstlerin über die Ergebnisse ihrer Untersuchung abgeschlossen, der neben Beiträgen von Andrea Fraser statistische Grafiken, Material und Dokumente aus den Interviews enthält. Dieser Bericht war in erster Linie zur internen Verwendung bestimmt. Eine Veröffentlichung lag im Ermessen der Generali Foundation.
Die unmittelbar daran anschließende zweite Phase des Projektes wurde als Intervention in Bezug auf die im Bericht der Künstlerin beschriebenen Ergebnisse der Recherche konzipiert. In der Generaldirektion hat die Künstlerin eine "negative" Installation vorgenommen und jene Werke aus der Sammlung, die im Firmengebäude präsentiert sind, aus dem Gebäude entfernt. Diese Werke waren im neuen Ausstellungshaus der Foundation in der Wiedner Hauptstraße installiert, wobei bei der Hängung der Werke ihre ursprüngliche Platzierung in der Generaldirektion nachvollzogen wurde. Nach dem Ende der Ausstellung wurden sie wieder in das Firmengebäude zurückgebracht.