Aus der Serie "Körperkonfigurationen"

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© Sammlung Generali Foundation – Dauerleihgabe am Museum der Moderne Salzburg / VALIE EXPORT / Bildrecht, Wien, Foto: Hermann J. Hendrich

VALIE EXPORT

Aus der Serie "Körperkonfigurationen", 1972-76

"Fotografiken"

"Fotografiken" 5 Schwarz-Weiss-Fotografien, Vintage Prints, mit schwarzer Tusche bzw. roter Aquarellfarbe überarbeitet à ca. 41,8 x 61 cm / 61 x 41,8 cm, gerahmt à 56 x 79 cm / 79 x 56 cm

WG0030304.00.0-1999

Werktext

Seit 1972 beschäftige ich mich zeichnerisch, fotografisch und aktionistisch mit der Darstellung von Körperhaltungen als Ausdruck innerer Zustände, dargestellt in der Natur wie in der Architektur, als Anpassung, Einfügung, Zufügung etc. an das Environment. Die Parallele von Landschaft und Geist, Architektur und Geist wird durch den Körper mediatisiert, einerseits deshalb, weil die Parallele ja ihren Ursprung in jener äußersten Gegenüberstellung von Körper und Geist hat, und auch deshalb, weil der Körper eine Ausprägung ist wie die Landschaft. Die Landschaft ist eine Ausprägung von Raum und Zeit, d. h. genau besehen, das Arrangement ihrer Teile, als da sind Bäume, Steine, Hügel etc. sind eine solche. Das Arrangement der Körperteile sind die Körperhaltungen, sie sind Ausprägungen, bzw. Ausdruck von inneren Zuständen; diese Analogie von landschaftlichen und körperlichen Anordnungen, diese gemeinsamen Formen von Ausprägungen, dienen seit Beginn der Bildnerei als Projektionsfläche für den Ausdruck: externale Konfigurationen, sei es in der Landschaft, sei es im Bild (das so zur Landschaft wird), als Ausdruck internaler Zustände. Deswegen ist die Landschaft als Motiv der Malerei (und des Films) genau so beliebt wie der Körper. Deswegen spricht man von ”landschaftlichen Stimmungen”. Die Landschaft stellt eine Stimmung dar, wie die Körperhaltung eine Stimmung ausdrückt. Der Ausdruck von Emotionen geschieht nicht nur facial. Ein Geisteszustand kann also erstens durch die Konfiguration von landschaftlichen Teilen, zweitens durch die Konfiguration von Körperteilen – und drittens, das ist die Innovation meiner Arbeit, von Körperteilen in der Landschaft ausgedrückt werden. In zweiter Stufe wird der in bestimmten Körperhaltungen manifestierte Ausdruck in seiner historischen Ausprägung untersucht. In den Gemälden der Vergangenheit hat sich unbemerkt ein Archiv der Körperhaltungen niedergeschlagen, die für die Untersuchung der Gefühlszustände und -mythologien ihrer Zeit von großem Ausdrucks- und Informationswert sind. Es stellt sich heraus, dass diese eingefrorenen Körperbewegungen einen Kanon, eine Doktrin darstellen. Indem ich diese alten Körperhaltungen nachstelle, versuche ich den Ausdruck quasi herauszuoperieren, zu verselbständigen, indem ich die Körperhaltungen mit zeitgemäßen Materialien montiere, versuche ich diesen Ausdruck bloßzustellen. (Kritische Tätigkeit). Momentan behandle ich aus dem feministischen Standpunkt heraus größtenteils weibliche Haltungen und verwende Materialien aus dem weiblichen Umkreis, um die Normierung der weiblichen Körpergestik, Körpersprache und die damit verbundenen Funktionen des weiblichen Körpers in unserer Kultur aufzutauen. (VALIE EXPORT)