Textfragment von Konrad Bayer/Heinrich Dunst
Ohne Titel

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© Sammlung Generali Foundation - Dauerleihgabe am Museum der Moderne Salzburg, Foto: Stephan Wyckoff

Heinrich Dunst

Textfragment von Konrad Bayer/Heinrich Dunst
Ohne Titel, 2006

Installation Inkjetprint auf Leinwand, Acrylfarbe auf MDF Platte, 3 Teile: 365 x 286 cm, 240 x 115 cm, 90 x 75 cm

GF0031399.00.0-2013

Werktext

Als ,Log-in' für die Ausstellung Riss/Lücke/Scharnier A, die Heinrich Dunst in einer Doppelfunktion als Künstler und Kurator zeigt, fungierte im Portalbereich der Galerie nächst St. Stephan ein hybrides Werk Dunsts, in dem das Thema der im 2. Obergeschoß präsentierten Schau metaphorisch .dargelegt' wird. Dunst wählte zunächst eine Seite aus einer älteren Werkausgabe von Konrad Bayers1 der sechste sinn, die er vergrößerte und mittels Digitaldruck auf Leinwandmaterial übertrug. Dazu stellte er zwei MDF-Platten unterschiedlicher Größe, auf denen am unteren Rand die Wörter „metaphor" (auf der größeren) und „colour no.:" (auf der kleineren) geschrieben stehen. Der Ausschnitt aus Bayers Roman betrifft jene Stelle, in der nina, die weibliche Hauptperson, den Ich-Erzähler goldenberg auffordert, doch endlich seine Brille aufzusetzen, um besser lesen zu können. Es folgt ein übereinandergesetzter Textabschnitt, unter dem sich gerade noch einzelne Buchstaben entziffern lassen. Hier, wo der Text (fast) unleserlich wird und Schrift in ‚Visualität' umkippt, tritt ein Wechsel der Anordnungsform ein, in der jene intermediale „Disjunktion" (Dunst) angezeigt wird, die sich anschließend in der Struktur der Ausstellung spiegeln wird. Zu der sechste sinn selbst gäbe es unendlich viel zu sagen: Es ist ein Schlüsselwerk Konrad Bayers, ein angedeutet autobiografischer Roman, selbst Fragment geblieben, ein Buch, an dem er als letztes vor seinem Freitod im Jahr 1964 gearbeitet hat. Bezüglich der betreffenden übereinandergesetzten Textstelle hat Bayer selbst nur − ganz Tristram Shandyesk − eine „unleserliche Pseudotypographie" angeordnet, dabei aber kein bestimmtes Zitat vorgeschlagen. Dunst verwendete eine frühe Rowohlt-Ausgabe mit dem ‚verdruckten' Romananfang, während in einer späteren Version ein französischer Ausschnitt aus Locus Solus von Raymond Roussel angeführt wurde.2 ----------------------------------- 1 Konrad Bayer 1932 Wien/A – 1964 Wien/A 2 Dunst, Heinrich; Pamminger, Walter, Hg. Riss/Lücke/Scharnier A. Texte von Dunst, Heinrich; Pamminger, Walter; Buchmann, Sabeth; Grzonka, Patricia; Madlener, Elisabeth et al. Wien: Galerie nächst St. Stephan, 2010.