Gallery Voice Montage

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© Sammlung Generali Foundation - Dauerleihgabe am Museum der Moderne Salzburg, Foto: Werner Kaligofsky

Allan Sekula

Gallery Voice Montage, 1970

Audio-Installation 2 Leinwände auf Keilrahmen, ungrundiert, à 120 x 120 cm Ton, 9 min 17 sec (Loop) Gesamtdimensionen der Installation variabel Rekonstruktion der Leinwände: Allan Sekula und Generali Foundation 2003

GF0030025.00.0-2003

Werktext

Afroamerikanische Grundschulkinder und Lehrer: Lehrer Ist das klar, dass ihr das nicht anfassen dürft? Schüler [unhörbar] Oh, um Himmels willen. Sieh dir bloß mal dies hier an. Die da mit ihrem kleinen grünen Bikini. [Gelächter] Wo? Dies ist ein Riesen-Manschettenknopf. Wo? Riesen-Manschettenknopf. Wo? Hier drüben. Dies Ding genau hier. Siehst du das nicht auf dem Bild? Da steht Picasso-Manschettenknopf. Sieht aus wie ein Manschettenknopf. Hier steht’s: “Riesen-Manschettenknopf mit Picassos Kopf.” Picassos Kopf. Genau hier. [Gelächter] Ein Stück eines Autos, das in seine Einzelteile zerlegt ist. Sie haben es nur wieder zusammengesetzt und auf alle mögliche Art geformt. Und das hier sieht wie ein Teil vom Motor aus. Und … na ja … hier drüben, das sieht aus wie ein Teil vom Kotflügel. Das sieht alles aus wie Teile von verschiedenen Autoteilen. [Gelächter] Das sieht aus wie ... Hör auf, den Ball zu bewegen. ... ein Dreieck aus großen verschiedenfarbigen Kugeln. Große Kugeln in verschiedenen Farben. Sie haben keine Zahlen, aber sie sind schon zu so einem Billard-Ding geformt, einem Billard-Set. [Gelächter] Halt den Mund! Frau mittleren Alters, Mittelstand Warum müssen wir für alles immer eine Bedeutung haben? Wir haben alle bloß darüber gelacht. Wir dachten eben alle nur, dass wir daraus irgendwas ableiten müssten. Junger Mann Ja, genau. Manchmal kommst du hier rein und würdest eigentlich lieber auf den Ozean gucken als auf diese Bilder hier. Erster Ausstellungsführer Sie können jedes dieser Werke nehmen, platzieren Sie es einfach irgendwohin. Immer ändert sich die Bedeutung. Es verändert sich. Dieses wurde für die Dimensionen dieses Raumes geschaffen. Es würde sich sofort verändern. Weibliche Besucherin Ja, das stimmt. Junge Frau Er hat also einfach Teile der Leinwand entfernt? Junger Mann Na, ich weiß nicht, wie er das gemacht hat. Sieht fast aus wie darauf projizierte Seide. Wahrscheinlich hatte er irgendeine abgefahrene Technik, von der du nichts weißt. Geheime Technik. Die müssen sich eben damit abfinden. Junge Frau Das ist nicht gemalt. Da sind ja überall Tropfen. Das ist gestanden, als er es gemacht hat. Aufrecht. Junger Mann Eine wirklich abgefahrene Sache ist, er hat einfach die ganze Leinwand entfernt. Es ist eigentlich zweidimensional. Direkt auf der verdammten alten Mauer. Und trotzdem sieht es aus, als würde es hängen. Es sieht eigentlich aus wie Plastik. Bögen aus schwarzem Polystyrol oder Polyäthylen. Glänzendes schwarzes Polyäthylen. Das habe ich mir gleich am Anfang gedacht, dass es das ist. Junge Frau Ja, das stimmt, oder wie Öl. Junger Mann Ja, schwarz, es ist schwarz. Es könnte sehr nass gewesen sein, verstehst du, sehr nass. Männlicher Besucher Das ist für eine Million Dollar weggegangen. Junges Mädchen Eine Million Dollar. Ein anderer männlicher Besucher Weißt du, ich hab ja nichts dagegen, wenn die Leute ihre eigenen Sachen machen. Aber rumzuspielen mit meinem ... Junges Mädchen Es sieht aus wie ein Hut. Frau Sie schlagen es in Stücke. Junges Mädchen Ich finde es hübsch. Zweites junges Mädchen Ich mag es. Junges Mädchen Oh ja, vielleicht mach ich auch eines. Zweites junges Mädchen Oh klar, bestimmt! Sehr schön. Frau Glaubst du, du könntest das? Meinst du nicht, deine Farben würden sich überschneiden? Junge Ist das ein Gemälde? Um Gottes willen! Zweiter Junge Sie überschneiden sich ein bisschen, sieh her. Junge Nein, das tun sie nicht. Zweiter Junge Uh huh, sieh doch her. Purpurrot, und da drunter kannst du das Olivgrün sehen. Junge Nicht berühren, Andy. Nicht berühren. Zweiter Ausstellungsführer Wo das Hemd hochkommt, wird es besonders spannend. Merken Sie, dass Sie auf diesen kleinen Teil sehen? Na ja, jetzt wo ich es erwähne, sehen Sie dorthin. Es ist sehr sehr interessant, immer weiter zu sehen, um herauszufinden, ob Sie etwas anderes sehen, was Sie noch nicht gesehen haben. Wonach suchen wir hier? Was ist mir ihr geschehen? Berührt uns das? Kennen wir uns aus? Was ist mit den Füßen bei dieser Geste? Was ist mit den Schatten? Was ist mit ihm? Wie steht’s mit der Haltung? All dies ist in dem Bild möglich, es ist alles da ... Und nun genießen Sie es. Und auch ... das Bild, es bleibt noch nicht mal hübsch und nett, verstehen Sie, es war für uns ja eigentlich ziemlich geordnet, aber dann wird es leicht hysterisch, als wenn, es fühlt sich leicht hysterisch an ... die Kontrolle sogar über die wiederholten Teile ... sie wird irgendwie immer geringer. Weibliche Besucherin Sie können es nicht durchleuchten, als wären Sie Ihr eigener Projektor, weil, wissen Sie, da gibt’s Unterbrechungen, Sie gehen zurück zum Vorhergehenden ... es ist schwierig. Zweiter Ausstellungsführer Das stimmt. Zweite weibliche Besucherin Ein Kinofilm. Weibliche Besucherin Genau das wollte ich sagen, diese Blöcke stören mich. Zweiter Ausstellungsführer Und der Kopf des Polizisten, wissen Sie, die kleinen Dinger. Wie dieses Bild, dieser Kopf, es zerfällt völlig in Einzelteile. Willkürlich, aber nicht unsichtbar. Nicht “nicht da”. Kochen alle ihr eigenes kleines Süppchen. Zweiter junger Mann Das ist mir ziemlich egal, weil ich glaube, wissen Sie, es verblüfft dich echt, weil du weißt, das wäre so leicht zu machen, und ich glaube, irgendwie geht’s nur darum, zu sagen, hey, wissen Sie, ich glaube, das will den Leuten was aufdrücken. Zweite junge Frau Es ist einfach, und es sieht genauso aus wie so was aus dem Kunstunterricht. Wir haben zeichnen gelernt. [lacht] Das ist grundlegend. Ich meine, genau das ... Zweiter junger Mann Die Form, die am meisten vorkommt, ist phallisch. Ich glaube, das Ganze hier ist so’n dickes Maskulinitäts-Ding, da bringt er phallische Symbole aufs Papier und in die Kunstmuseen und lässt die Leute sich das angucken und sagen, wissen Sie, wow, das ist eine einfache Strichzeichnung, das ist ganz grundlegend, und wissen Sie, das ist ganz einfach zu machen, und er sitzt hier und verblüfft Sie voll mit diesen phallischen Symbolen. Und niemandem fällt das auf. Oder nur sehr wenige Leute kapieren es. Zweite Frau mittleren Alters, Mittelstand Ich weiß nicht, ob er überhaupt was Bestimmtes sagen will. Wenn die Leute es mögen, ist das ihre persönliche Meinung. Obwohl ich nicht fühle ... dass er wirklich was ausdrückt, was in ihm ist. Vielleicht ist das seine Art, es zu tun. Ich weiß nicht. Meine Art ist das nicht. Aber das macht das Leben gerade aus. Ältere Frau Es könnte für das Design von Wandtapeten benutzt werden oder für alles Mögliche, für das du es verwenden willst. Obwohl, ich hätte davon wirklich gerne eins, wissen Sie, das ganze Ding … So farbenfroh, oder? Mann mit aristokratischem Akzent Ich glaube, das ist Medienrummel. Also ich, ich habe es gar nicht gern, wenn sich Künstler über mich lustig machen. Mann mittleren Alters Ich glaube, er ist ein sehr kreativer, sehr engagierter Mann. Dieser Mann hat großes Talent. Er nutzt die Medien, mit denen er zu tun hat, ernorm aus. Frau Das ist Kunst? Mann Los, sehen wir uns die Landschaften an. Ein anderer Mann Ich glaube, die lassen diese Künstler herkommen und ihre Spielchen da an der Wand machen. Wie Kleinkinder, weißt du. Eine andere Frau Bloß, was herauskommt ist nicht so gut. Ein anderer Mann Ja, genau, wie kleine, verwöhnte Babys. Das könnte ich auch. Mann mit Texas-Akzent Aber es kostet einhundert Dollar. Das ist eine Stange Geld, weißt du. Einhundert Dollar. “Siebdruck”. Für nur vier Dollar kannst du’s dir ausleihen. Aber es kostet einhundert Dollar. Ich bringe so was auch zustande. Pass auf, alles, was du machst, ist ... Frau mit Texas-Akzent Das ist wirklich komisch. Das ist ein Foto, oder? Mann mit Texas-Akzent Yeah, jeder kann ein Foto kopieren. Frau mit Texas-Akzent Ein Haufen Farben ... Mann mit Texas-Akzent Das Ding hier hat Löcher. Ist das Kunst? Ich weiß nicht. Ein dritter junger Mann Für was hält sich dieser Bursche, hängt zwei leere Leinwände in eine Kunstgalerie? Tonband, zusammengestellt aus Aufnahmen, die im Los Angeles County Museum of Art, dem La Jolla Museum of Contemporary Art und der ersten Andy Warhol Retrospektive im Pasadena Art Museum in Frühling 1970 erstellt wurden.

Leihgeschichte
2011 Budapest, HU, Ludwig Museum 2004 Leipzig, DE, Galerie für zeitgenössische Kunst