Roll

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© Sammlung Generali Foundation - Dauerleihgabe am Museum der Moderne Salzburg, Repro: Werner Kaligofsky

Dan Graham

Roll, 1970

Filminstallation 2 Filme, 16mm, transferiert von Super-8-Filmen, Farbe, ohne Ton, synchron projiziert auf 2 gegenüberliegende Wände 23 sec (Loop) Edition 1/10 + 2 A. P. Darsteller: Dan Graham

GF0003310.00.0-2002

Werktext

In diesem Film ist eine Kamera ein unbewegliches Objekt, unabhängig vom Filmer (allerdings innerhalb seines visuellen Feldes), wohingegen eine zweite Kamera, die er vor sein Auge hält, sowohl Subjekt als auch Objekt ist. Die objektive Kamera ist unmittelbar auf den Boden gesetzt, nachdem mit einem Blick durch ihren Sucher eine Position festgelegt worden ist, welche die Ausdehnung links und rechts des Bildes begrenzt. Daraufhin bringt der Darsteller seinen Körper in eine Position, in der seine Kamera der starren Kamera frontal parallel liegt und an der linken Seite seines Suchers begrenzt ist. Während dann beide Kameras filmen, rollt der Darsteller, die Kamera am Auge, bis zur rechten, bildbegren-zenden Ecke im Sucher der starren Kamera, ständig im Bestreben, seine Kamera/Augen auf die Position der anderen Kamera und ihre Aufnahmeposition auszurichten und zu zentrieren. An der unteren Begrenzung der gehaltenen Kamera und ihres Sucherrahmens/Auges, durch den der Darsteller seine ständige räumliche Bewe-gung und Veränderung (und die seines Bildes) unter Beobachtung halten kann, bleiben die Beine und der frontale Teil des Rumpfes als Feed-back notwendig sichtbar. Der Betrachter sieht nun (von innen) die kinästhetischen Wahrnehmungen des Körpers des Darstellers. Er kann aus seiner Betrachterposition innerhalb der Feedback-Schleife die Bewegungen des Körpers verfolgen, wie er seine Positionen im Raum verändert in Ausrichtung auf seinen Zielpunkt (die starre Kamera). Das Gehirn muss die Muskeln korrigieren, um eine Ausrichtung der Wirbelsäule zu erreichen, diese hinwiederum bewirkt eine Beeinträchtigung der Zielrichtung der Kamera, so dass sie durch die Drehung des Kopfes und durch die Hände neu eingestellt werden muss, um das visuelle Feedback zwischen den beiden Kameras offen zu halten (auf dem die Wahrnehmung und das Verständnis des gesamten Stückes beruht). Die beiden Filme werden für eine simultane Vorführung auf zwei gegenüberliegende parallele Wände in Augenhöhe projiziert. Betrachtet man nun das Bild, das aus der Position der Körper-Feedback-Schleife aufgenommen wurde, so sieht man ein beständig rotierendes Bild; der Körper erscheint gewichtslos. Hingegen zeigt die Aufnahme der ”objektiven Black Box”-Kamera den Körper von außen als ein Objekt, das sich unter Berücksichtigung der allgemeinen Schwerkraft orientiert und versucht, gegen eine statische parallele Kraft anzugehen, die das muskuläre/ skelettäre Gerüst des Körpers in die Horizontale niederdrückt. (Dan Graham)

Leihgeschichte
2008 Vaduz, LIE, Kunstmuseum Liechtenstein