unExhibit

  • 2011_01_Eingangsbereich_01 Ausstellungsansicht: unExhibit, © Generali Foundation, Foto: Margeritha Spiluttini
  • 2011_01_foyer_02 Ausstellungsansicht: unExhibit, © Generali Foundation, Foto: Margeritha Spiluttini
  • 2011_01_grHalle_03 Ausstellungsansicht: unExhibit, © Generali Foundation, Foto: Margeritha Spiluttini
  • 2011_01_grHalle_04 Ausstellungsansicht: unExhibit, © Generali Foundation, Foto: Margeritha Spiluttini
  • 2011_01_grHalle_05 Ausstellungsansicht: unExhibit, © Generali Foundation, Foto: Margeritha Spiluttini
  • 2011_1_grHalle_06 Ausstellungsansicht: unExhibit, © Generali Foundation, Foto: Margeritha Spiluttini
  • 2011_01_Seitenfluegel_07 Ausstellungsansicht: unExhibit, © Generali Foundation, Foto: Margeritha Spiluttini
  • 2011_01_Seitenfluegel_08 Ausstellungsansicht: unExhibit, © Generali Foundation, Foto: Margeritha Spiluttini
  • 2011_01_Seitenfluegel_09 Ausstellungsansicht: unExhibit, © Generali Foundation, Foto: Margeritha Spiluttini
    04.02. bis 17.07.2011
    Kurator:innen: Sabine Folie und Ilse Lafer

    Werke von: Maria Eichhorn, Richard Hamilton, Ann Veronica Janssens, Willem Oorebeek, Karthik Pandian und Mathias Poledna, Joëlle Tuerlinckx, Heimo Zobernig

    Mit dem Titel „unExhibit“ bezog sich die Generali Foundation auf die legendäre Ausstellung an Exhibit im Jahre 1957 und griff das Thema „Display als Ausstellung“ auf. Die Werke internationaler Künstler:innen wie Maria Eichhorn, Richard Hamilton, Ann Veronica Janssens, Willem Oorebeek, Karthik Pandian und Mathias Poledna, Joëlle Tuerlinckx oder Heimo Zobernig umfassende Schau beschäftigte sich nicht nur mit „Display“ als materieller Oberfläche und Resonanzraum für visuelle und räumliche Erfahrung, sondern vor allem auch mit künstlerischen Methoden des Nicht-Zeigens, des Entzuges, des „Nicht-Ausstellens“.

    an Exhibit (1957) als historischer Referenzpunkt
    Der Ausgangspunkt der Ausstellung in der Generali Foundation führt in das Jahr 1957 zurück, zu einer losen Vereinigung von Künstler:innen, Designer:innen, Architekt:innen und Theoretiker:innen, der unter anderen auch Richard Hamilton, Victor Pasmore und Lawrence Alloway angehörten, der Independent Group. Die Prämisse von an Exhibit war „no objects, no ideas“, eine Ausstellung, die aus bunten Paneelen bestand, die lose in den Raum gehängt wurden, zwischen denen sich die Besucher:innen frei bewegen konnten. Diese Form, auf Exponate zu verzichten und das Display selbst zum Exponat der Ausstellung zu machen, geht auf eine Reihe von Versuchen der Moderne zurück, Malerei auf den Raum auszudehnen, wie bei El Lissitzky oder Piet Mondrian, oder das Display zum eigentlichen Thema zu erheben, wie bei Frederick Kiesler oder Herbert Bayer. an Exhibit ist auch als Form der Befragung des institutionellen Raumes und der Rolle von Autor:innenschaft und Betrachter:innenposition relevant: Der modular aufgebaute Raum ermöglicht jeweils subjektive Erfahrungen von Räumlichkeit, die Besucher:innen werden zu Autor:innen, die den Raum jedes Mal aufs Neue „entwerfen“. Schließlich markierten die durchscheinenden Paneele ein Spiel mit der Erfahrung von Transparenz und Lichtundurchlässigkeit (Opazität), die entscheidend ist für die Wahrnehmungen des Subjekts in einer medialisierten Welt.

    Wahrnehmung durch Transparenz und Opazität
    unExhibit stellte die Frage etwas anders als an Exhibit: Es ging nicht nur darum, „keine Objekte oder „Ideen“ und stattdessen das Medium, das „Display" zu thematisieren, sondern durch unterschiedliche Formen des Entzugs, der Verschlüsselung, Verschleierung oder Verdunkelung die Bedingungen medialer Oberflächen und Bildproduktion zu zeigen. In dieser Spannung zwischen Zeigen und Verbergen wurde die Differenz zwischen Realem und Imaginiertem oder medial Produziertem erst erfahrbar.

    Transformationen des Ausstellungsraums der Generali Foundation
    Der konkrete Ausstellungsraum der Generali Foundation bot den Bezugsrahmen für eine Transformation, die in der Verschiebung der Koordinaten durch den Einsatz bestimmter Materialien – Spiegel, Tapeten, Licht, Stoff –, aber auch reproduktiver Techniken und Oberflächenbehandlungen – Lithographie, Kopie, Zeitungsausschnitt, Raster – diesen nicht nur entleerte, sondern auch neu kodierte. Dabei wurde die Architektur der Ausstellungshalle in ihren ursprünglichen Zustand zurückgeführt und darauf verzichtet, eine Ausstellungsarchitektur zu bauen, die der gezeigten Kunst als Präsentationsfläche diente: Heimo Zobernig verdoppelte die minimalistische Betonwand – ein als Längsachse konstruiertes wesentliches Element der bestehenden Architektur. Als Holzgerüst mit einem baunetzartigen, schillernden Stoff überzogen, wurde sie in einem glamourösen Gewand wiedergeboren und stand damit bereit für mannigfaltige Projektionen und „Spiegelungen".
    Das Zitat der Betonwand in der Doppelung und Verschiebung im Raum war keine bloße architektonische Setzung, sondern hatte Implikationen für die gesamte Konstitution des Raumes und die darin sich behauptenden Arbeiten der Künstler:innen. Willem Oorebeek dagegen applizierte auf die überkodierte Betonwand eine Tapete im Punkt-Raster. Der Rasterpunkt, der in Form des „Benday Dots" in der Pop-Art zur vollen Entfaltung kam, wurde von Oorebeek in schwarz-grauen Schattierungen eingesetzt als das reproduktive Zeichen der Drucktechnik par excellence.

    Verlust von Authentizität
    Der Verlust von Authentizität wurde dabei nicht nur durch ständige Reproduktion und Wiederholung, wie dies im Vertical Club von Willem Oorebeek der Fall ist, deutlich, sondern paradoxerweise durch die gesteigerte Sichtbarkeit perfekter Oberflächen, die einen völlig undurchdringlichen Raum herstellen, – nachvollziehbar in Karthik Pandians und Mathias Polednas 1991. Sichtbarkeit und Entzug waren dabei wechselseitig aufeinander bezogen, wie es auch die Lichtprojektionen, „Aquarien" und die Untersuchungen im „Labor" bei Ann Veronica Janssens deutlich machten.

    Das „Ausgestellte" von Fotomodellen oder anderen Motiven aus der „Warenwelt“ wurde über einen Prozess der Verschleierung erst wieder seiner Entauratisierung enthoben: so in den Blackouts von Willem Oorebeek, in denen in einem lithografischen Prozess der Einschwärzung das mediale Bild völlig ausgelöscht scheint, damit es bei näherem Hinsehen durch eben diesen Prozess des Undurchsichtig-Machens erst eigentlich wieder sichtbar werden kann. Das gilt auch für die Arbeit von Willem Oorebeek und Joëlle Tuerlinckx, BLACKOUT–Screen (2005), und Maria Eichhorns Wandbeschriftung Nr. 4 (1992) oder Die ungeöffnete Post des Max Foster (1996).

    Andere Strategien des Nichtausstellens, Verweigerns und Entzugs greifen nicht nur auf die Mode, sondern auch auf das Kino – Jean-Luc Godard, Peter Roehr, Georges Perec, Maya Deren – und die Literatur – Jean Genet, Jorge Luis Borges, Adolfo Bioy Casares, Raymond Roussel – zurück: Dort, wo Dinge ständig reproduziert werden, schleicht sich das Double ein, und damit die entleerte, schillernde, überdeterminierte Oberfläche, die gleichermaßen kalt und abweisend wie voller Projektionen von Verlust und Begehren ist.