EXPORT, VALIE/Peter Weibel
Waltraud Lehner wurde 1940 in Linz, Österreich, geboren. Von 1956 bis 1959 besuchte sie die Kunstgewerbeschule in Linz. Anschließend absolvierte sie von 1960 bis 1964 die Höhere Bundeslehr- und Versuchsanstalt für Textilindustrie in Wien. Im Jahr 1967 kreierte sie den Namen VALIE EXPORT als künstlerisches Konzept, neue Identität und Marke. Die Künstlerin war 1967 Mitbegründerin der Austrian Filmmakers Cooperative und nahm an zahlreichen internationalen Ausstellungen teil, u.a. 1977 an der Documenta 6, 1978 an der Biennale di Venezia und vertrat Österreich (gemeinsam mit Maria Lassnig) 1980 auf der Biennale di Venezia im österreichischen Pavillon. VALIE EXPORT lehrte an zahlreichen Institutionen wie dem Art Institute in San Francisco, der University of Wisconsin, Milwaukee, USA und der Hochschule der Künste, Berlin. Von 1995/96 bis 2005 war VALIE EXPORT Professorin für Multimedia-Performance an der Kunsthochschule für Medien, Köln. 1995 erhielt die Künstlerin den Bildhauerpreis der Generali Foundation und 2000 den Oskar Kokoschka Preis. Im Jahr 2022 wurde sie mit dem Max-Beckmann-Preis ausgezeichnet. 2009 war VALIE EXPORT Co-Kommissärin des Österreich-Pavillons auf der Biennale in Venedig. Im Jahr 2022 erhielt sie den Max-Beckmann-Preis und wurde mit dem Großen Silbernen Ehrenzeichen mit Stern für Verdienste um die Republik Österreich geehrt. 2015 erwarb die Stadt Linz ihren Nachlass inklusive ihres Archivs und eröffnete 2017 das VALIE EXPORT CENTER LINZ in der Tabakfabrik Linz. VALIE EXPORT lebt und arbeitet in Wien.
Peter Weibel wurde 1944 in Odessa, Ukraine, geboren. Multitalentiert studierte er Literatur, Philosophie, Film und Komparistik, 1964 kurz Medizin, dann Mathematik und Logik in Paris und Wien ohne Abschluss. 1978 gründete er mit Loys Egg die Band „Hotel Morphila Orchester“. Im Jahr 1986 wurde Peter Weibel künstlerischer Berater der Ars Electronica und von 1992 bis 1995 ihr künstlerischer Leiter. Von 1992 bis 2011 war er Chefkurator der Neuen Galerie in Graz. Er kuratierte international zahlreiche Ausstellungen, darunter von 1993 bis 1999 den österreichischen Pavillon für die Biennale in Venedig, 2008 die Internationale Biennale von Sevilla und 2011 die 4. Biennale von Moskau. Er war Autor von wegweisenden medientheoretischen und philosophischen Texten zur zeitgenössischen Kunst und Herausgeber vieler Publikationen.
Ab 1976 unterrichtete er an mehreren internationalen Hochschulen, unter anderem am College of Art and Design in Halifax, Kanada, und an der Gesamthochschule Kassel. Von 1984 bis 1988 lehrte er als Associate Professor für Video und Digital Arts am Center for Media Study der State University of New York in Buffalo, N. Y., wo er das Digital Arts Laboratory gründete. Von 1984 bis 2017 war er Professor für visuelle Mediengestaltung an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Von 1989 bis 1994 war er Direktor an der Städelschule in Frankfurt am Main, wo er mit dem Aufbau des "Instituts für Neue Medien" betraut wurde. Von 2009 bis 2012 hatte er eine Gastprofessur an der University of New South Wales, Sydney, Australien inne. Von 2018 bis 2019 lehrte er an der Kunstakademie Düsseldorf. Von 1999 bis 2023 war Prof. Dr. h.c. mult. Peter Weibel künstlerisch-wissenschaftlicher Leiter des ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe (ZKM) und von 2017 bis zu seinem Ableben Leiter des "Peter Weibel - Forschungsinstitut für digitale Kulturen" an der Universität für angewandte Kunst Wien. Neben einer großen Zahl von weiteren Preisen, Ehrungen und Auszeichnungen, erhielt er 1974 den Filmpreis der Stadt Berlin, 1984 den Prix National des 31. Festival für TV und Film, Cannes, 1991 den Skulpturenpreis der EA-Generali Foundation, Wien, 1992 den Preis der Stadt Wien für Bildende Kunst, 1997 den Siemens Medienkunstpreis, 2002 das Große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich, 2004 den Käthe-Kollwitz-Preis, 2010 das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse, 2014 den Oskar-Kokoschka-Preis für sein künstlerisches Gesamtwerk und 2017 den Österreichischen Kunstpreis für Medienkunst und 2021 zuletzt den Trebbia-Preis. Peter Weibel verstarb 2023 in Karlsruhe.
VALIE EXPORT und Peter Weibel arbeiteten Ende der 1960er und in den 1970er Jahren vor allem im Bereich des "Expanded Cinema" und in einigen spektakulären Aktionen zusammen. In ihrer gemeinsamen Arbeit verfolgten EXPORT und Weibel radikal die sozialen Zusammenhänge von mediatisierter Existenz, indem sie die dem Film inhärenten Prinzipien und deren Verbindung mit politischen Mechanismen und Techniken der Kommunikation freilegten.
Als MitbegründerInnen der "multi media group" veranstalteten sie 1969 mit "Publikum als Ausstellung" eine frühe Performance, bei der Video erstmals als neues Medium eingesetzt wurde. In ihren "Expanded Cinema"-Arbeiten verknüpften sie die Analyse des Mediums Film mit dessen Öffnung und Hinterfragung durch aktionistische Elemente. Peter Weibel fungierte u. a. als Protagonist in EXPORTs "Cutting" (1967-68) und schrieb mit EXPORT die Drehbücher der Spielfilme "Unsichtbare Gegner" (1976-77) und "Menschenfrauen" (1979). Mit der fotografischen Dokumentation "Aus der Mappe der Hundigkeit" (1968) verfügt die Generali Foundation über eines der zentralen Werke der österreichischen Kunstgeschichte. In "Das magische Auge" oder "The Electronic Ray Tube", (1969) setzten EXPORT und Weibel technische Mittel so ein, dass Lichtschwankungen sich in Tonschwankungen ausdrückten und durch Interaktion des Publikums, oder Videoprojektionen jeweils einmalige Klang-Collagen erzeugt wurden. 1969 begaben sich EXPORT und Weibel auf den "Kriegskunst Feldzug" durch Deutschland und die Schweiz, bei dem sie durch aggressive Tabubrüche die voyeuristische Passivität und das normbestimmte Verhalten des Publikums zu durchbrechen suchten. Die angewandten Taktiken wie Auspeitschen des Publikums und das Werfen von Stacheldrahtbällen führten jedoch in Essen zu einer Saalschlacht, bei der EXPORT eine "Kriegskunst Feldzugs"-Wunde davontrug, und schließlich wurden weitere Auftritte verboten. Mit "Bildkompendium Wiener Aktionismus und Film" brachten sie 1970 eine bedeutende fotografische Dokumentation dieser Strömungen heraus, wofür sie sich wegen Überschreitung des Pornografiegesetztes vor Gericht verantworten mussten. (Monika Vykoukal)